EU-Korruptionsrichtlinie durch Deutschland blockiert
- Lobbyhörige Bundesregierung blockiert Anti-Korruptionsrichtlinie der EU /
- Gemeinsam mit den Rechtspopulisten Victor Orban und Giorgia Meloni gegen alle anderen Fraktionen im EU-Parlament
Der 16. Juni 2025 wird als dunkles Kapitel in die Geschichte der deutschen und europäischen Demokratie eingehen, dank der neuen Bundesregierung unter dem lobbyhörigen BlackRock-Kanzler Friedrich Merz (CDU): Während die Öffentlichkeit durch die Nachrichten von den gegenseitigen Angriffen zwischen Israel und Iran abgelenkt war, spielte sich vorgestern abseits der Nachrichtenwelt ein ungeheuerlicher Vorgang bei der EU ab:
Die deutsche Bundesregierung ließ die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und Mitgliedsstaaten zur europäischen Antikorruptionsrichtline durch ihre Blockade vorerst scheiten und verweigert als einziges Land auch die verpflichtende Vorlage einer nationalen Anti-Korruptionsstrategie. Gemeinsam mit den rechten Regierungen von Ungarn und Italien wehrt sie sich auch dagegen, Amtsmissbrauch europaweit zur Straftat zu machen und will sogar eine statistische Erfassung von Korruption verhindern.
Der Europa-Abgeordnete und Berichterstatter der Grünen für die Europäische Antikorruptionsrichtlinie, Daniel Freund, kommentiert diesen ungeheuerlichen Skandal: “Mit ihrer Blockade-Haltung verhindert die CDU-geführte Bundesregierung, dass in der EU effektive Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in Kraft treten. Es ist bezeichnend, dass Deutschland hier Seite an Seite mit Giorgia Meloni und Viktor Orban bessere Korruptionsbekämpfung verhindert. Europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gehen jedes Jahr Milliarden durch Korruption verloren. Hier nicht endlich gegenzusteuern ist unverantwortlich. Gerade jetzt, wo neue Details über die Verstrickungen der CDU in die Masken-Affäre bekannt werden, sollte die Bundesregierung den Kampf gegen Korruption in der EU anführen und nicht ausbremsen.”
Seit zwei Jahrzehnten verweigert Deutschland Anti-Korruptionsmaßnahmen
Die deutsche Verweigerungshaltung bei der Korruptionsbekämpfung hat Methode: Schon die Unterzeichnung der UN-Konvention gegen Korruption vom 09. Dezember 2003 hat Deutschland ausgesessen und sie erst 11 Jahre später ratifiziert. Auch die erneute Mahnung des Europarates von 2020, dass Deutschland seinen Verpflichtungen zur Korruptionsbekämpfung nur ungenügend nachkommt, wurde geflissentlich überhört. Mit moralischer Empörung gegen die hohe Korruption in anderen Ländern (wie Ungarn unter Orban) ist Deutschland vorneweg. Doch die Korruptionsbekämpfung im eigenen Land wird hartnäckig politisch verweigert und man zieht nun sogar mit Ungarn an einem Strick.
Rügen vom Europarat wurden einfach ausgesessen
Auch die erneute Rüge des Europarates von März 2023, wonach Deutschland nur eine von vierzehn Empfehlungen eines offiziellen Anti-Korruptionsgremiums umgesetzt hat, kam auch in den Medien gar nicht oder nur als kleine Randnotiz vor und die mediale Empörung blieb aus. Die fehlende Transparenz der Lobby-Einflüsse in deutschen Gesetzesverfahren wurde vom Europarat ebenso gerügt wie das Fehlen schärferer Regeln beim Seitenwechsel von Politikern in die Wirtschaft. Auf Druck der Zivilgesellschaft im vorletzten Bundestagswahlkampf ist lediglich ein lückenhaftes Lobbyregister widerstrebend eingeführt worden, das dringend verbesserungsbedürftig ist. Denn zur Bestrafung der an den „Maskendeals“ beteiligten und verdienenden Politikern gab das lückenhafte Lobbyregister wenig her.
Lobbycontrol fordert: "Merz-Regierung: Aktien offenlegen!"
Am 12. Juni 2025 startete die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol eine Unterschriftensammlung zu folgendem Tatbestand: „In Deutschland bleibt geheim, an welchen Unternehmen Minister*innen beteiligt sind. Das geht so nicht! Wir brauchen klare Regeln zur Offenlegung finanzieller Interessen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Wenn Politiker*innen finanziell an Unternehmen beteiligt sind, drohen Interessenkonflikte – besonders bei Mitgliedern der Bundesregierung. Sie treffen weitreichende Entscheidungen von denen Unternehmen unmittelbar betroffen sein können. Doch während einfache Abgeordnete Beteiligungen offenlegen müssen, fehlt ausgerechnet für Minister*innen eine solche Pflicht. Das muss sich ändern! Besonders jetzt, da viele Posten mit Personen aus der Wirtschaft besetzt sind. Fordern Sie mit uns: Aktiendepots offenlegen − für mehr Transparenz und Integrität!“
>>> Unterschriften sind hier möglich: https://www.lobbycontrol.de/aus-der-lobbywelt/merz-regierung-aktien-offenlegen-121595/
Besitzen einzelne Politiker auch Rüstungsaktien?
Besonders interessant wäre der lukrative Aktienbesitz von Regierungsmitgliedern und Abgeordneten bei Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt u. a., die zu einer Befangenheit und zu Interessenkonflikten bei politischen Entscheidungen und Abstimmungen führen. Die Wähler müssen wissen: Profitieren unsere Politiker von Rüstungsaktien, wenn sie über Waffenproduktion und -exporte mitentscheiden? Sogar in den USA ist fraktionsübergreifend im Kongress schon 2023 eine Inititaive zur Einschränkung von Aktiengeschäften bei Politikern und ihren Angehörigen gestartet worden.
>>> (Siehe hierzu auch früheren Artikel im Lokalkompass unter: https://www.lokalkompass.de/duesseldorf/c-politik/abstimmungen-ueber-kriegseinsaetze-und-waffenhandel-profitieren-unsere-politiker-von-ruestungs-aktien_a1940008 ).
Deutschland kein Vorbild, sondern Problemfall bei der Korruptionsbekämpfung
Deutschland ist keineswegs Vorbild bei der Korruptionsbekämpfung, sondern Problemfall. Bei den Koalitionsverhandlungen der jetzigen Bundesregierung hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Politiker Philipp Amthor – der nach seinem eigenen Korruptionsskandal zum Staatssekretär befördert wurde – sogar versucht, das Informationsfreiheitsgesetz (als Grundpfeiler demokratischer Arbeit und Transparenzgesetz für Behörden) abzuschaffen, um Transparenz bei Lobbyeinflüssen zu verhindern.
Und als bis 2004 der CDU-Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz (damals noch Aufsichtsratsvorsitzender bei BlackRock, Wirtschaftslobbyist und Inhaber von 12 Aufsichtsratsmandaten sowie Beratertätigkeiten für Unternehmen und Anwaltskanzleien) seine Nebentätigkeiten transparent offenlegen sollte, wie für Abgeordnete vorgeschrieben, weigerte er sich und klagte dagegen - jedoch ohne Erfolg. Als Abgeordneter mit den meisten Nebenverdiensten wollte er die Quellen und Summen gerne geheim halten.
UN hält Korruption in Billionenhöhe für ein Verbrechen an der Gesellschaft
Schon beim „Internationalen Antikorruptionstag“ der UN wurde wiederholt sichtbar: Deutschland gehörte lange Zeit der UN-Konvention gegen Korruption gar nicht an. Erst am 12. November 2014 ratifizierte die Bundesrepublik das bereits 2003 unterzeichnete internationale Vertragswerk und war damit das letzte Land der Europäischen Union.
Weltweit geht das Weltbank-Institut von einer Billion Dollar an jährlichen Bestechungsgeldern aus. Die durch Korruption pro Jahr veruntreute Summe wurde in den zurückliegenden Jahren sogar auf über 2 Billionen Euro geschätzt, also über 5% des weltweiten Bruttoinlandproduktes. Bei der schwächelnden Wirtschaft in Deutschland müsste eigentlich die Korruptionsbekämpfung an erster Stelle stehen.
>>> (Siehe hierzu auch früheren Artikel im Lokalkompass unter: https://www.lokalkompass.de/haltern/c-politik/internationaler-anti-korruptionstag-zivilgesellschaft-in-gemeinden-regionen-und-laendern-gefordert_a1664755 )
Korruption untergräbt die Demokratie
Die UN bezeichnet Korruption als ein ernsthaftes Verbrechen, dass die soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie die Demokratie in allen Gesellschaften untergräbt. Auch wenn Deutschland im internationalen Vergleich noch relativ gut abschneidet – vor allem die Ukraine steht in Europa nach Russland mit den schlechtesten Werten auf dem vorletzten Platz der Korruption auf jeder Ebene der Regierung – so bleibt politisch noch viel zu verbessern, und zwar schleunigst und nicht irgendwann in ferner Zukunft!
>>> (Siehe hierzu auch früheren Artikel im Lokalkompass unter: https://www.lokalkompass.de/haltern/c-politik/warum-verweigert-deutschland-wirksame-massnahmen-gegen-korruption_a1847620 )
In Deutschland gehen korrupte Politiker straffrei aus
Vor allem die Abgeordnetenbestechung in Deutschland wirksamer unter Strafe zu stellen und das lückenhafte Lobbyregister zu verbessern. wurde wiederholt vom Europarat sogar mit Fristsetzung angemahnt, aber in Deutschland einfach ignoriert. Schon vor sechs Jahren hatte der Europarat den Deutschen eine Frist bis 2022 gesetzt, die Umsetzung der verbindlichen Empfehlungen zur Korruptionsbekämpfung endlich vorzulegen. Und schon zwischen 2015 bis 2019 hatte er der Bundesrepublik ein mieses Zeugnis ausgestellt, weil Deutschland nur die Hälfte der Anti-Korruptionsempfehlungen für Abgeordnete widerwillig umgesetzt hatte. Noch 2013 hatte der Bundestag eine Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten mit Stimmen aus allen Parteifraktionen abgelehnt.
Alle Fraktionen einhellig gegen strafrechtliche Folgen für Abgeordnete?
Und auch noch ein halbes Jahr vor der widerwilligen Verabschiedung des wirkungslosen Antikorruptionsgesetzes in 2016 hatten sich laut einer Umfrage von „Abgeordnetenwatch“ 90% der CDU-Abgeordneten, 74% der FDP-Abgeordneten, 30% der grünen und linken Abgeordneten und 27% der SPD-Abgeordneten gegen ein solches Gesetz ausgesprochen. Die Regelungen wurden entgegen aller Gutachter-Empfehlungen so verwässert, dass de facto eine Bestrafung korrupter Abgeordneter von Abgeordneten ausgeschlossen ist.
Nach der vom Bundestag damals verabschiedeten Gesetzesreform kann ein Abgeordneter, der für sich oder für Dritte einen "ungerechtfertigten Vorteil" fordert und im Gegenzug dafür bei der Wahrnehmung seines Mandats eine Handlung vornimmt oder unterlässt, zwar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden. Die Internetplattform abgeordnetenwatch.de kritisierte damals, das Gesetz sei im Grunde wirkungslos. Denn nachzuweisen, dass ein Parlamentarier "im Auftrag oder auf Weisung" gehandelt habe, wie es das Gesetz fordert, sei in der Praxis kaum möglich. Denn nur mit dieser Absicherung waren die Abgeordneten bereit, das Gesetz zu verabschieden. Die Hälfte von ihnen, nämlich 337 der 733 Abgeordneten üben bezahlte Nebentätigkeiten aus (Stand 2024) und könnten somit in Interessenkollision geraten.
Parteispenden als Einfallstor für Korruption?
Auch Parteispenden blieben weiterhin in unbegrenzter Höhe möglich und sind nur ab einer bestimmten Höhe anzeigepflichtig. In vielen anderen EU-Ländern und sogar in den USA gibt es teilweise viel strengere Regelungen. Denn der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen ist inakzeptabel. Die der Öffentlichkeit zugänglichen Listen der Parteispenden von Unternehmen und Verbänden in Höhe von insgesamt über 25 Mio. €, vor allem an die wirtschaftsnahen Parteien CDU, CSU und FDP, sprechen Bände. Allen voran die Pharmaindustrie, die großen Versicherungen und die Arbeitgeberverbände und Immobilien- und Grundbesitzerverbände sowie Finanzunternehmen, aber auch die dankbaren Rüstungsunternehmen, deren Gewinne gerade dank der deutschen Militärpolitik explodieren. Es wäre geradezu naiv, keinen Zusammenhang zwischen Spenden und politischen Entscheidungen zu erahnen. Es wäre höchste Zeit, die Finanzierung der Parteien vollständig von der Wirtschaft zu lösen.
Korruption ist der Missbrauch von Macht zum persönlichen Vorteil.
Die definition von Korruption ist klar: Es beinhaltet die unrechtmäßige Verwendung von anvertrauter Macht, sei es in der Politik, Wirtschaft oder anderen Bereichen, um sich oder anderen unrechtmäßige Vorteile zu verschaffen. Dies kann in Form von Bestechung, Vorteilsnahme, Vetternwirtschaft oder anderen Handlungen geschehen, die das Vertrauen in Institutionen untergraben und die Rechtsstaatlichkeit gefährden.
Und das sagt hierzu die KI:
Korruption hat vielfältige negative Auswirkungen:
- Wirtschaftliche Schäden: Korruption führt zu Fehlallokation von Ressourcen, behindert Investitionen und Wachstum und erhöht die Kosten für Unternehmen.
- Schädigung des Gemeinwohls: Korruption untergräbt das Vertrauen in öffentliche Institutionen, verzerrt Entscheidungen und führt zu Ungerechtigkeiten.
- Gefährdung der Demokratie: Korruption schwächt die Rechtsstaatlichkeit, untergräbt die Legitimität politischer Systeme und kann zu politischer Instabilität führen.
- Auswirkungen auf die Entwicklung: Korruption hemmt nachhaltige Entwicklung, da öffentliche Gelder für andere Zwecke missbraucht werden und Entwicklungsprojekte behindert werden.
Es gibt verschiedene Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung:
- Stärkung der Rechtsstaatlichkeit: Transparente Gesetze, unabhängige Justiz und effektive Strafverfolgung sind entscheidend.
- Förderung von Transparenz und Rechenschaftspflicht: Offenlegung von Informationen, unabhängige Kontrollmechanismen und die Beteiligung der Zivilgesellschaft sind wichtig.
- Korruptionsprävention: Sensibilisierung, Schulungen und die Implementierung von Compliance-Systemen in Unternehmen und Behörden können helfen.
- Internationale Zusammenarbeit: Der Austausch von Informationen und die Bekämpfung von grenzüberschreitender Korruption sind wichtig.
Es ist wichtig, Korruption zu bekämpfen, um eine gerechtere, demokratischere und wirtschaftlich erfolgreichere Gesellschaft zu schaffen.
Wilhelm Neurohr, 18. Juni 2025