Wilhelm Neurohr

Attac ruft auf: "Jetzt aktiv werden gegen Killer-Drohnen!"

Die heiße Phase in der Auseinandersetzung um die Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen hat begonnen. Geht es nach dem Bundesverteidigungsministerium, bekommt Deutschland so bald wie möglich Kampfdrohnen. Bereits im Juni will das Ministerium den Gremien des Bundestags ein Diskussionspapier vorlegen und möglicherweise noch im selben Monat einen Bewaffnungsantrag im Parlament in die Wege leiten.

Das gilt es jetzt zu verhindern. Attac unterstützt den Aufruf der Drohnen-Kampagne, durch Veranstaltungen, Protestaktionen, Leser*innenbriefe und Kontaktaufnahme mit Politiker*innen die schon lange versprochene "große gesellschaftliche Debatte" in ganz Deutschland mit Menschen jeder sozialen Herkunft einzufordern – und zwar, bevor der Bundestag über eine mögliche Bewaffnung von Drohnen entscheiden kann.

Laut Koalitionsvertrag darf der Bundestag über Kampfdrohnen erst nach "ausführlicher ethischer und rechtlicher Würdigung" entscheiden. Die SPD fordert seit langem, diese Würdigung im Rahmen einer "breiten gesellschaftlichen Debatte" vorzunehmen. Vermutlich um die SPD zufriedenzustellen, hat das Verteidigungsministerium unter dem Motto #DrohnenDebatte2020 eine hauseigene zweiwöchige Veranstaltungsreihe organisiert, die am morgigen Dienstag mit einer Präsentation endet (Zum Livestream).

Bundesverteidigungsministerium lässt wichtige Fragen unbeantwortet

Doch eine Veranstaltungsreihe in einem Ministerium ersetzt keine breite gesellschaftliche Debatte. So bleiben - wenig überraschend - auch nach der sogenannten #DrohnenDebatte2020 zentrale Fragen unbeantwortet:

  1. Warum wurden keine Zeug*innen mit konkreten Erfahrungen in Drohnenkriegen einbezogen? Weder Geflüchtete oder Opferfamilien noch Drohnen-Whistleblower*innen (ob aus den USA, Großbritannien, Israel, der Türkei oder nun auch Frankreich) kamen in der DrohnenDebatte2020 zu Wort. Nicht einmal die Transkriptionen solcher Aussagen, die dem Bundestag vorliegen, spielten eine Rolle.
  2. Wozu jetzt "Killer-Drohnen"? Das Verteidigungsministerium beteuert, das umstrittene Waffensystem werde zum Schutz der eigenen Soldat*innen benötigt. Gibt es für deutsches Militär plötzlich eine erhöhte Gefahr bei den mandatierten Ausbildungs- und Stabilisierungsmissionen in Afghanistan und Mali? Seit 2013 sind keine Bundeswehrsoldat*innen durch Feindangriffe in Afghanistan getötet worden. In Mali gab es zwei Todesfälle durch einen Bundeswehr-Hubschrauber-Unfall 2017. Dagegen würde ein neuer Bundeswehreinsatz der "Killer-Drohnen" in Ländern, wo insbesondere diese Waffen verhasst sind, das Risiko mit sich bringen, Misstrauen und Wut gegen die Bundeswehr zu schüren und so die Lebensgefahr auch für deutsche Soldat*innen zu steigern.
  3. Können strenge völkerrechts- und menschenrechtskonforme Bundeswehr-Einsatzregeln, die jetzt verhandelt werden, vor einem unrechtmäßigen Einsatz deutscher Killer-Drohnen schützen? Die Lehre aus der neueren Geschichte sagt nein. Auch in stabilen Demokratien wie den USA und Großbritannien war es für die Exekutive bald nach der Anschaffung der Waffe einfach, die Einsatzgebiete und -regeln ("rules of engagement") erheblich zu erweitern und zu lockern. Es fanden und finden sich immer Jurist*innen, die dies rechtlich legitimieren.

Der Livestream beginnt am Dienstag um 13 Uhr. Bürger*innen innen können sich auf Twitter unter dem Hashtag #drohnendebatte2020 an der Debatte beteiligen.