Wilhelm Neurohr

Dieser Artikel von Wilhelm Neurohr erschien in gekürzter Form im März 2023 in der Ruhrgebietszeitschrift AMOS:

Wem gehört die aufgeteilte Stadt?

Wie die Umverteilung von unten nach oben unsere Städte spaltet

In unseren Städten ist ein allgegenwärtige Verteilungskampf der Stadtbewohner untereinander zu beobachten, der zumeist zugunsten der stets obsiegenden Einkommensstarken und Vermögenden ausgeht , die sich mit dem Segen der Kommunalpolitiker und Stadtplaner die meisten und attraktivsten Flächen und Gebäude sowie die Infrastruktur angeeignet haben und die bevorzugten Standorte und „Filetgrundstücke“ für sich reklamieren - und damit den Löwenanteil vom Stadtgebiet und vom städtischen Haushalt für sich beanspruchen.

(In Marl hat aktuell eine Bürgerinitiative ein Luxuswohngebiet namens „Waldpark“ als bloßes Renditeobjekt eines inzwischen insolventen Investors an einem privilegierten und ökologisch schützenswerten Standort verhindert. Zugleich liegt ein großes soziales Wohnungsbauvorhaben des gleichen Investors auf Eis.).

Die Städte und ihre Flächennutzungsanteile und Infrastrukturen sind systemisch nach Arm und Reich aufgeteilt, wobei mit Hilfe der Kommunalpolitik und ihrer Stadtplanung (mitsamt der städtischen Haushaltspolitik in unseren unterfinanzierten Städten) die gehobene Mittelschicht stets am meisten vom städtischen Verteilungskuchen abbekommt. Und das, obwohl der Sozialstaat auf der untersten staatlichen Ebene, in der Kommune, seine Wirksamkeit erweisen müsste. Doch stattdessen sorgen überwiegend die Ehrenamtlichen mit Suppenküchen, Flüchtlingsunterbringung und Arbeitslosen- und Obdachlosenhilfen sowie mit Bürgerinitiativen und örtlichen Klimaschutz- und Fahrradprojekten, mit „Bürgerbad, Spielplatzpatenschaft und Freizeittreff usw. dafür, dass das Stadtleben für alle Bewohner überhaupt noch halbwegs funktioniert.

Die Ärmeren zahlen für die Reicheren

Die Hauseigentümer mit der Eigenheimförderung, mit Baukindergeld und Steuererleichterung werden auch seit jeher finanziell besser gestellt als die leer ausgehenden Mieter in der Stadt, die mit ihrem Wohngeldzuschuss (zur Sicherstellung ihrer Zahlungsfähigkeit) lediglich den Vermietern ihre oft hohen Mieteinnahmen absichern. Das kommt also wiederum den Immobilienbesitzern zugute. Selbst als Sozialhilfeempfänger (Hartz IV oder Bürgergeld-Bezieher) stehen sich die Immobilienbesitzer besser: Sie dürfen ihr Haus behalten, wenn es sich nicht um eine Luxusimmobilie handelt, während der Mieter seine etwas zu große Wohnung verlassen und sich verkleinern muss, somit zum Umzug in billigere und unattraktivere Stadtviertel gezwungen wird. Letztlich bezahlen sogar die Ärmeren in ihren bescheidenen Mietwohnungen für die Reicheren in den ausgedehnten Eigenheimsiedlungen den dort viel höheren Kostenaufwand für Straßenreinigung, Müllabfuhr, Grünpflege, Entwässerung, Kabelanschlüsse, ÖPNV-Anschluss usw. mit: Denn die dafür erhobenen Gebühren der Stadt werden in den Satzungen in der Regel auf alle Stadtbewohner gleichermaßen umgelegt.

Die im jüngsten Oxfam-Bericht veröffentlichte Ungleichheit bei der Einkommens- und Vermögensverteilung spiegelt sich wie in einem Brennglas auch in der sozialen Situation vor Ort in unseren Städten und ihren Quartieren. Ähnlich wie weltweit bei der Klimaschädigung das reichste eine Prozent das Klima doppelt so stark schädigt wie die ärmere Hälfte der Welt, so wird auch in den Städten die lokale Umweltbeanspruchung und Klimaschädigung überwiegend von den Wohlhabenderen verursacht. Ohne soziale Verteilungsgerechtigkeit kommen also unsere geteilten Städte nicht wieder zu einer sozial und ökologisch verträglichen Stadtgesellschaft, die für alle Bewohner gleichermaßen lebenswert ist.

Der tägliche Verteilungskampf auch um die städtische Infrastruktur

Im Schatten umstrittener Bauprojekte für die Minderheit der Besserverdienenden und andererseits zugleich fehlender bezahlbarer Sozialwohnungen für die Vielen spielt sich auch noch ein täglicher Verteilungskampf um die Ressourcen auch in unseren Revierstädten ab. Denn die Aufteilung geht bis hinein in den Bereich von Konsum und Kultur: Luxuriöse „Shopping malls“ mit Luxusläden für Besserverdienende im Zentrum einerseits; schließende Läden oder 1-€-Läden, geschlossene Gaststätten, Poststellen und Sparkassenfilialen in den unterprivilegierten Wohnvierteln und Stadtteilen anderseits. Teure Hochkultur in den Großstädten wie Opernhaus, Theater, Konzertsaal für das Bildungsbürgertum einerseits, aber kaum Förderung der Breitenkultur und Laienkultur in den vernachlässigten, aber kreativen Milieus.

Auch die Bildungsbenachteiligung hat in der geteilten Stadt ihre Ursachen: Das Elite-Gymnasium nahe den Vierteln der Bildungsbürger, die Reste-Hauptschule oder Gesamtschule in den Vororten des städtischen Proletariats. Über sozial gerechte finanzielle Umverteilungen im städtischen Haushalt wird selten diskutiert. Wir haben es mit einer gespaltenen Stadt zu tun, die soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit verschärft, beginnend mit der Verteilung und Aufteilung der städtischen Ressourcen. Eigentlich ein kommunalpolitischer Skandal, den es anzuprangern gilt, damit sich etwas zum Sozialen verändert in der Stadtgesellschaft - zugunsten ihres solidarischen Zusammenhalts.

Wem gehört die Stadt - und wie ist sie aufgeteilt?

Schon seit Jahrzehnten haben sich die Städte sträflicher Weise vom sozialen Wohnungsbau weitgehend verabschiedet und auch die Ruhrgebietsstädte haben sich stattdessen auf flächenzehrende Eigenheimsiedlungen für einkommensstarke Bevölkerungsschichten fokussiert. Für diese opfert man oft am Stadtrand bereitwillig die letzten Grünzüge und zersiedelt die restliche Stadtlandschaft. In der gleichnamigen ARD-Dokumentation "Wem gehört die Stadt – den Bewohnern oder den Investoren?“ (von Kristian Kähler und Andreas Wilcke) wurde schmerzhaft bewusst, wie sich seither die Preise für Mieten und Eigentum derzeit entwickeln und wie gefährdet die eigene Wohnung oder das bewohnte Haus sein kann, wenn man es nicht gerade besitzt, so dass die Verdrängung der Schwächeren aus ihrem Wohnquartier und Stadtviertel längst zum Alltag gehört und die soziale Segregation vorantreibt. Zunehmend sind die Normal- und Geringverdiener sowie Armutsbetroffenen auf der verzweifelten Suche nach einer bezahlbaren Bleibe.

Ungebremst werden trotz regional- und landesplanerischer Restriktionen die für den Klima- und Artenschutz wertvollen Grün- und Freiflächen am Stadtrand für das beliebte Wohnen im Grünen versiegelt für diejenigen, die es sich mitsamt erforderlichem Zweitwagen oder SUV leisten können. Doch diese werden bei den gegenwärtigen Baupreisen und Zinsen immer weniger. Derweil drängen sich Zweidrittel der Stadtbevölkerung als weniger Wohlhabende oder Gering- und Normalverdiener oft auf engstem Raum in den hochverdichteten Wohnsiedlungen als abhängige Mieter und teilen sich dort den wenigen Freiraum und den zugeparkten Straßenraum mit geringer Aufenthaltsqualität. Deren Kinder können sich in beengten Wohnverhältnissen und im verkehrsreichen Wohnumfeld weniger gut entfalten als die Kinder in den grünen Eigenheimsiedlungen. Die früheren Werkssiedlungen und preisgünstigen Wohnungen in den Bergarbeiterkolonien sind längst privatisiert oder es gibt sie kaum noch. Diese Entwicklung hat schädliche soziale, ökologische und ökonomische Effekte und verstärkt den längst begonnenen Verteilungs- und Konkurrenzkampf.

Abschied vom Traum des urbanen Stadtlebens?

Der Wunsch, in einer Stadt zu leben, die einem gar nicht gehört oder nur zu geringen Anteilen, die also überwiegend anderen gehört, die sich dort besitzergreifend ausbreiten, ist gar nicht mehr so sehr ausgeprägt: Aktuellen Umfragen zufolge wollen 34 % lieber in einem Dorf oder auf dem Land leben, 26 % in der Kleinstadt und weitere 26 % am Stadtrand. Nur die restlichen 13 % möchten im urbanen Stadtkern wohnen – einstmals der Traum vieler Bevölkerungsgruppen. Längst tritt infolge der Stadtflucht eine Suburbanisierung ein, in der Hoffnung der Stadtflüchtigen auf preisgünstigere Mieten im Stadtumland – doch im Ruhrgebiet ist diese Hoffnung oft trügerisch, denn im direkten Umland sind die Mieten inzwischen teils höher als in den Revierstädten selber. Die Normal- und Niedrigverdiener, erst recht nicht die Armutsbetroffenen, finden also weder in der Stadt noch auf dem Land eine bezahlbare Wohnung. Und der stagnierende Wohnungsbau führt unübersehbar in eine dramatische Wohnungsnot wie nach dem Krieg, noch verstärkt durch den großen Flüchtlingszustrom mit zusätzlichem Wohnungsbedarf. (In Haltern bemüht sich gerade ein ehrenamtliches „Netzwerk für bezahlbares Wohnen“ um Abhilfe).

Die oft überalterten Revierstädte haben ihren urbanen Reiz als Treffpunkt für die Stadtbewohner aller sozialen Schichten zunehmend verloren – auch wegen ihrer maroden und sterbenden Infrastruktur, ihrer verödenden Einkaufszonen mit Leerständen und Ein-Euro-Läden sowie Spielhallen und Grafittis. Der öffentliche Raum ist komplett mit Autos zugestellt; ganze Blechlawinen von abgestellten und in Staus fahrenden Autos – für die immer noch Vorrang vor Radfahrern und Fußgängern bei der Aufteilung des Straßenraumes gilt. Und der ÖPNV ist ausgedünnt oder funktioniert bei der Bahn für die Pendler, die von der Stadt ins Umland gezogen sind, nur noch unzuverlässig und chaotisch. Dabei gebietet der notwendige Flächen- und Klimaschutz und die Verkehrswende eigentlich ein „Zurück in die Stadt“ und dort ein verdichtetes, flächensparendes Bauen mit Vorrang im großen Altbaubestand.

Aufteilung der Stadt nach sozialer Hierarchie - Die geteilte Drei-Klassen-Stadt

Die mittlerweile ungeliebte Stadt ist überdies städtebaulich nach sozialer Hierarchie aufgeteilt: Geschoßwohnungsbau für die Ärmeren in unattraktiven Lagen, Reihenhäuser für die Mittelschicht in verdichteten Vierteln, Einzelhäuser für die Reichen in bevorzugten Lagen mit viel Grün. Das gilt auch für die Verkehrsflächen: Arme an (Haupt-)Verkehrsstraßen, die Mittelschicht an Wohnstraßen und die Reichen an verkehrsarmen Anliegerstraßen, Sackgassen oder Privatstraßen. Die Drei-Klassenstadt wird zunehmend durch eine vierte Klasse erweitert: Das Prekariat und die Migranten in heruntergekommenen Vierteln („sozialen Brennpunkten“) oder in ausgelagerten Containern fernab der Infrastruktur oder im Schatten von Industriegebieten und Mülldeponien, oder wohnungslos und obdachlos umherziehend. Von einer Stadt Besitz zu ergreifen und am Stadtgebiet und Stadtgeschehen Anteil zu haben, ist offensichtlich eine Klassenfrage. Für eine bevorzugte Minderheit der Stadtbewohner von 30% bis 40% wird mehr Fläche zugeteilt und öffentliches Geld ausgegeben als für die benachteiligte Mehrheit von 60% bis 70%.

Denn in Deutschland wohnen fast 60% der Menschen zur Miete und etwas über 40% im Wohneigentum. Im Ruhrgebiet liegen sogar nur knapp ein Drittel aller Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern, über 2/3 wohnen in Mehrfamilienhäusern überwiegend zur Miete. (Es sei denn man wohnt im reichen und sündhaft teuren Haltern im Speckgürtel des Ruhrgebiets als Zuzugsgemeinde für Besserverdienende aus den Revierstädten, denn dort ist das Verhältnis genau umgekehrt). Das bedeutet für die Aufteilung der Flächennutzung in der Stadt: Für die locker bebauten Einfamilienhaus-Gebiete als Monokultur mit geringer Besiedelungsdichte, aber höherem Erschließungsaufwand, wird somit für ein Drittel der Stadtbevölkerung mindestens Zweidrittel des bebauten Stadtgebietes und der städtischen Investitionen beansprucht, mit hohen Erschließungs- und Unterhaltungskosten etc.

Die platzergreifenden Wohnflächenansprüche der Bessergestellten

Und so viel Platz als Wohnfläche beanspruchen statistisch die Klassen in ihren Wohnungen: Die Wohnungen der Einfamilienhaus-Bewohner umfassen im Durchschnitt 157 qm, die sonstigen Immobilien-Eigentümer leben in 125-qm-Wohnungen und die Mietwohnungen sind durchschnittlich 75 qm groß. Pro Person stehen einem Wohneigentümer 48 qm zur Verfügung, einem Mieter nur 35 qm. Die oberen 10% haben 83 qm pro Kopf zur Verfügung und damit das Doppelte an Wohnfläche der Übrigen, die 41 qm pro Kopf nutzen können. Der Wohnungsmarktbericht Ruhr stellt u. a. fest, dass Migranten doppelt so oft in Wohngebäuden mit mehr als 12 Wohnungen leben als die einheimische Bevölkerung. Mit diesen unterschiedlichen Wohnflächenansprüchen ist nachvollziehbar, woher hauptsächlich der „Flächenfraß“ und der Wohnungsmangel in den Städten seine Ursache hat - letztlich auch eine räumliche und kommunale Verteilungsfrage.

Doch jede noch so heruntergekommene Stadt möchte irgendwo auch ihr „Villenviertel“ vorweisen können als Ausweis einer prosperierenden und begehrten Wohnstadt zum Anlocken zahlungskräftiger Steuerzahler, so wie z.B. auch in Gelsenkirchen als „ärmste Stadt Deutschlands“ (mit einer Kinder- und Jugendarmutsquote von 43% und mit nur 16.274 € Jahreseinkommen pro Person - zum Vergleich Haltern mit über 49.000 € ) mit ihrem neuen Villenviertel im Grünzug in der „Resser Schweiz“. Und die damals noch sozialdemokratisch regierte Stadt Recklinghausen – die heute NRW-weit die meisten Einwohner verliert und in der Südstadt als Hotspot von kriminellen Clans gilt - bot im privilegierten Nordviertel am Stadtpark ihre überteuerten städtischen Grundstücke wie Sauerbier an. Auf dem übergroßen Baustellenschild sah man tatsächlich die verlockenden Aufschrift: “Luxusgrundstücke im Villenviertel für Industriekapitäne“. Zuvor wehrten sich dort im feinen Viertel umliegenden Anwohner gegen Wohncontainer für Flüchtlinge an diesem edlen Standort. Heute wohnt dort tatsächlich die „High Society“. Längst ist die Stadt seither in Händen von CDU und koalierender FDP, denn mit der einseitigen Ausrichtung auf Eigenheimsiedlungen und mit der De-Industrialisierung kippte die soziale Bevölkerungsstruktur und die einstige soziale Durchmischung, damit veränderten sich auch die Wählerschichten. So wird die Frage der Wohnbebauung für die Parteien auch zum Zankapfel ihrer kommunalen Machtverteilung zugunsten ihrer jeweiligen Klientel. Meist haben die Schwächeren auch die schwächere politische Lobby, weil die kommunalen Mandatsträger zumeist selbst nicht zu den Betroffenen gehören – mithin ist die Frage, wem die Stadt gehört, eine hochpolitische Frage.

Ungleicher Verteilungskampf um Flächen, Ressourcen und Infrastruktur in der Stadt

Wir haben es also mit einer geteilten und aufgeteilten Stadt zu tun, die zu sozialer Segregation und zu Ungerechtigkeit führt. Mit verursacht von den ausgedehnten flächenzehrenden Einfamilienhaus-Gebieten an den grünen Stadträndern und privilegierten Standorten mit ihren infrastrukturellen Folgekosten zu Lasten der Allgemeinheit, mit ihrem Pendelverkehr und dem erweiterten Straßenraum für die steigende Zahl an Platz beanspruchenden SUVs, für die gerade Straßen und Parkplätze kostspielig verbreitert werden, oft zu Lasten der Fuß- und Radwege. Derweil geht der soziale Wohnungsbau mit bezahlbarem Wohnraum nicht voran, für den man vergeblich nach Restflächen im Stadtgebiet oder nach „Verdichtungspotenzial“ im städtischen Siedlungsbrei zwecks „Baulandmobilisierung“ sucht. Das Verteilungsproblem hat also viele Facetten und Dimensionen, wenn man auf die Aufteilung der Flächen und ihrer Nutzungen insgesamt in unseren Städten blickt, und dabei noch die drohende dramatische Wohnungsnot im Blick hat, die unweigerlich auf uns zurollt als die neue soziale Frage unserer Zeit.

In AMOS 2-2014 wurde schon einmal unter der Überschrift „Wem gehört die Stadt?“ hinterfragt, ob die Stadt wirklich allen Bürgerinnen und Bürgern gehört oder nur denjenigen, die sich auf den Beutezug in die Städte begeben. Damit ist nicht nur der folgenschwere Raubzug der großen kommerziellen Wohnungskonzerne gemeint, nachdem die meisten Städte auch im Ruhrgebiet ihren städtischen Wohnungsbestand mitsamt den Bewohnern an private Wohnungskonzerne (wie dem Dax-Unternehmen Vonovia & Co. mit 2,6 bis 3 Mrd. € Jahresgewinn) verscherbelt haben, die ihren Wohnungsbestand vernaclässigen, aber die Mieten erhöhen. Zudem wird auswärtigen Immobilienhaien allzu oft der Teppich ausgerollt, wenn sie luxussanierte Komfortwohnungen im obersten Preissegment im postmodernen Einheits-Baustil mit Flachdach und Glasfronten errichten, die für Normalverdiener unbezahlbar sind, aber das ramponierte Image der Ruhrgebietsstädte architektonisch aufpolieren sollen. Gemeint ist jedoch vor allem auch die ungleiche Aufteilung des Stadtgebietes für die Stadtbewohner untereinander, die hier näher betrachtet wird, weil sie zumeist kaum im Bewusstsein ist. Denn damit wird auch die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich städtebaulich verstärkt und die Besitzverhältnisse und Besitzansprüche werden immer mehr verschoben. Ein immer größeren Verteilungs- und Konkurrenzkampf um die örtlichen Lebensräume mitsamt Verdrängungswettbewerb lässt sich vorausahne

Autorennotiz:

Wilhelm Neurohr (71) war 40 Jahre lang als Stadt- und Regionalplaner im Ruhrgebiet tätig sowie in Bürgerinitiativen und arbeitet jetzt u.a. in der Arbeitsgruppe „Wohnen“ des Halterner Forums für Demokratie, Respekt und Vielfalt mit, um in der Stadt Haltern die kommunalpolitische Blockade zu durchbrechen, damit auch dort endlich sozialer Wohnungsbau ermöglicht wird.