Wilhelm Neurohr

"Steuerskandal: Die EU als Steuerparadies für große Konzerne dank untätiger Volksvertreter"

Vier Monate vor der wichtigen Europawahl, zu der man die Wähler in Zeiten des Rechtspopulismus für Europa gewinnen will, wieder eine neue Hiobsbotschaft von der Steuerfront, dank einer aufschlussreichen Studie der Grünen im Europaparlament, die den agressiven Steuervermeidungswettbewerb der großen Konzerne mit zweistelligen Milliardenverlusten bei den Steuereinnahmen zu Lasten der 500 Mio. EU-Bürger und ihres Gemeinwohls offenbarten. Nach den "Luxemburg-Leaks" in 2014 und und den "Panama-Papers" in 2016 sowie den "Paradise-Papers" in 2017 dann das Bekanntwerden der jahrzehntelang praktizierten "Cum-Ex-Geschäfte" als größter Steuerraub in der deutschen Geschichte, gefolgt 2018 vom Aufdecken des Steuerschlupflochs" durch die seit 1990 laufenden "Cum-Cum-Geschäfte" der Nicht-Steuerzahler ohne Moral. Die neben der Deutschen Bank am intensivsten in die Cum-Ex-Geschäfte verwickelte Vermögensverwaltung BlackRock ist das Tummelfeld des (davon unbelasteten) CDU-Politikers Friedrich Merz, den seine Parteifreunde bis hinunter in meine Heimatstadt immer noch lieber als Kanzlerkandidaten sähen als die neue CDU-Vorsitzende AKK - von wegen "Wirtschaftskompetenz"...

Dem Gemeinwohl in der EU entgehen jährlich 70 Mrd. € amn Steuereinnahmen

In diesen Tagen nun also auch noch die aufschlussreiche Studie der Grünen im EU-Parlament, die dankenswerterweise die riesige Diskrepanz zwischen dem gesetzlich zu zahlenden Steuersatz und den tatsächlich nur entrichteten Steuern der Großkonzerne offenbarte. Dadurch entgehen der EU durch diese agressive Steuervermeidung jährlich 70 Mrd. an Steuereinnahmen, die für das Gemeinwohl nicht zur Verfügung stehen. Im kleinen Steuerparadies Luxemburg, dem Herkunftsland des EU-Kommissionspräsidenten Juncker, müssten die Konzerne von Gesetzes wegen einen Steuersatz von 29% zahlen, entrichten aber tatsächlich nur 2%. Im EU-Durchschnitt beträgt der gesetzliche Steuersatz 23%, die Firmen zahlen aber aber im Schnitt nur 15%. Auch in Deutschland zahlen die Konzerne 10% weniger als gefordert, nämlich nur 19,6% statt 29,5%, weil der deutsche SPD-Finanzminister Olaf Scholz (mit seinem Goldman-Sachs-Staatssekretär) sich in der EU gegen verschärfte Transparenzregeln wehrt. (Vielleicht winkt ja am Ende der GroKo ein Posten in der Finanzwirtschaft? Oder macht sich bei dem Ganzen schon der Einfluss des Ex-EU-Kommissionspräsidenten Barroso bemerkbar, der bekanntlich ohne Karenzzeit als Lobbyist zu Goldman.-Sachs gewechselt ist?).

Gewählte Volksvertreter bleiben untätig und den Konzernen verpflichtet?

Wer nun glaubte, dass unsere stets Empörung heuchelnden Politiker den Kampf um die gerechten Steuereinnahmen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger, von denen Millionen unter der Armutsgrenze leben, konsequent aufnehmen würden, gemäß ihrem Amtseid, Schaden vom Volk abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren, der sah sich enttäuscht und getäuscht. Im Gegenteil: Der durchschnittliche Steuersatz für Konzerne wurde auf politische Veranlassung zwischen 1985 und 2018 von 49% auf 24% gesenkt, und zwar durch rot-grüne, schwarz-gelbe und schwarz-rote Regierungskoalitionen, also quasi durch eine Allparteien-Koalition. Von höherer Vermögens- und Erbschaftssteuer zumindest für die Reichsten erst gar nicht zu reden. Von der mitregierenden und absterbenden SPD mit einem Finanzminister Scholz ist also seit ihrer neoiliberalen Infizierung kaum zu erwarten, dass sie die Forderungen von Grünen und Linken nach Steuertransparenz unterstützt. CDU-Politiker hatten in der Tagesschau sogleich abgewehrt mit dem Hinweis auf das "für alle geltende Steuergeheimnis".

Die Steuerlast bleibt also allein bei den Arbeitnehmern und den kleinen und mittleren Unternehmen. Die öffentliche Darlegung der Umsätze und Gewinne der großen Unternehmen und Konzerne in den jweiligen Ländern ist also politisch nicht gewollt von unseren Volksvertretern. Ihr Amtseid ist leider juristisch nicht strafbewehrt (im Sinne eines Meineids) also relativ wertlos. Somit verschärft sich die Situation, die einen Tag vorher von Oxfam publiziert wurde, nämlich die skandalöse Ungleichverteilung von Reichtum und Vermögen einerseits und Armut andererseits. Diese Diskrepanz ist besonders in Deutschland in den letzten 13 Jahren immer größer geworden - das waren die 13 Regierungsjahre der Ära Merkel mitsamt SPD in der GroKo. Das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten, die man so nicht verhindern kann.

Wilhelm Neurohr