Wilhelm Neurohr

Leserbrief an die Ruhr-Nachrichten:

"Militarisierung im Schatten von Corona"

Im Schatten der Corona-Krise präsentiert uns Chefredakteur Matthias Koch mit dem „Blickpunk“ vom 11. Dezember eine ganze Zeitungsseite quasi als Werbung für bewaffnete Kampfdrohnen für die Bundeswehr. Für Kritiker und Bremser an der SPD-Spitze wie Parteichef Walter-Borjans oder Fraktionschef Rolf Mützenich gibt es allenthalben Medienschelte.

Und ohne öffentliche Debatte wurde uns von den Verteidigungspolitikern zuvor mal eben die „atomare Teilhabe“ Deutschlands untergejubelt, mitsamt Anschaffung neuer Kampfflugzeuge, die für den Transport und Abwurf von Atombomben geeignet sind. Zugleich verweigert Deutschland seine Unterschrift unter den UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen, obwohl es da mal vor einem Jahrzehnt einen anderslautenden Bundestagsbeschluss gab – den die beauftragte Regierung einfach ausgesessen hat.

Ebenfalls ohne Aufschrei wurde uns der auf Rekordhöhe von fast 47 Mrd. € angewachsene Verteidigungshaushalt für 2021 präsentiert. Die weltweite Steigerung der Militärausgaben auf 2 Billionen Dollar erfahren wir nebenbei als kleine Zeitungsnotiz, ebenso die Rekordzahlen beim deutschen Rüstungsexport in problematische Drittländer, die den Rüstungsproduzenten Rekordgewinne im Corona-Jahr bescherten.

Und Frau Kramp-Karrenbauer will sogar eine deutsche Fregatte bauen und erklärt die Exportnation Deutschland zur „ internationalen militärischen Gestaltungsmacht“ zur Sicherung der Handelswege. Richtet sich Exportweltmeister Deutschland auf künftige Handels- und Wirtschaftskriege ein? Und auch die EU richtet sich parallel zur NATO auf den Aufbau einer eigenen militärischen Infrastruktur zielstrebig ein.

Nur Corona haben wir es zu verdanken, dass im Mai mit „Defender 2020“ das größte NATO-Manöver aller Zeiten vor der russischen Grenzen als Kriegsspiel gegen das „Feindesland Russland“ abgebrochen wurde. Nun hat man auch noch China als militärische Bedrohung aus der Propagandakiste der Feindbilder hervorgeholt. Willkommener Anlass zum weiteren Rüstungswettlauf auf allen Seiten.

Nach Corona werden wir uns über die Militarisierung der deutschen Politik wundern - als Bombenerfolg der Rüstungslobby. Am liebsten würde man auch Corona wegbombardieren, wäre die willkommene Pandemie nicht so nützlich als Schutzschirm für die klammheimlichen Aufrüstungen in deren Nachrichten-Schatten, bevor sich großer Protest aus der Friedensbewegung regt….

Wilhelm Neurohr, 11. Dezember 2020

>>> Der Leserbeif an die Ruhr-Nachrichten (in gekürzter Fassung) wurde nicht veröffentlicht...